François Mitterrand wurde am 26. Oktober 1916 in Jarnac, im französischen Departement Charente, geboren.
Nach dem Abschluss eines Studiums der französischen Literatur und einem Diplom der École libre des sciences politiques („Sciences Po“) in Paris befasste er sich unter dem Vichy-Regime mit der Beschäftigung der Kriegsgefangenen, bevor er sich dem Widerstand anschloss, für den er bald wichtige Aufgaben wahrnahm.
Nach Kriegsende war er Mitglied der Union démocratique et socialiste de la Résistance (UDSR). Während er seinem Anwaltsberuf nachging, stieg er gleichzeitig in der französischen Politik schnell auf.
1946 wurde er zum Abgeordneten des Departements Nièvre gewählt und übernahm während der 4. Französischen Republik verschiedene Ministerposten, darunter den des Innenministers in der Regierung von Pierre Mendès France im Jahr 1954. Er war jedoch mit der Algerienpolitik Frankreichs nicht einverstanden und trat 1957 aus der Regierung zurück.
Lange Zeit hegte François Mitterrand Vorbehalte gegenüber der 5. Französischen Republik, kandidierte dennoch bei der Präsidentschaftswahl von 1965 und kam zur allgemeinen Überraschung in die Stichwahl gegenüber Charles de Gaulle. Nach seiner Niederlage bemühte er sich um eine Modernisierung der Sozialistischen Partei (PS), deren Generalsekretär er beim Kongress von Epinay 1971 wurde.
1974 stellte er sich erneut der Präsidentschaftswahl und unterlag in der Stichwahl seinem Gegner Valéry Giscard d’Estaing. Dennoch gewann die PS bei den darauffolgenden Wahlen weiter an Stimmen hinzu.
Bei der Präsidentschaftswahl im Mai 1981 setzte sich Mitterrand schließlich durch und wurde der erste sozialistische Staatschef der 5. Republik.
Öffnung der EWG für weitere Länder
François Mitterrand versuchte die Zusammenarbeit zwischen Europa und den Entwicklungsländern zu stärken, doch die Bilanz seiner Bemühungen ist gemischt, trotz des 1989 von der EU und den AKP-Ländern (Asien, Karibik, Pazifik) unterzeichneten Vierten Abkommens von Lomé. Dieses stärkt die Mechanismen zur Unterstützung der Exporte von Grundstoffen (Stabex) und der Bergbauproduktion (Sysmin).
Mitterrand war darüber hinaus sehr auf die Erweiterung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) nach Süden hin bedacht und unterstützte die Kandidatur von Spanien und Portugal, die offiziell am 1. Januar 1986 der Gemeinschaft beitraten.
Parallel dazu und im Anschluss an den Spinelli-Entwurf von 1984 trug er durch die Unterzeichnung der Einheitlichen Europäischen Akte am 14. Februar 1986, die auf die Einführung eines grenzenlosen Wirtschaftsraums ab 1. Januar 1993 abzielte, zur Wiederankurbelung des europäischen Aufbauwerks bei.
Handeln in Absprache mit Deutschland
In Übereinstimmung mit Helmut Kohl, der 1982 deutscher Bundeskanzler wurde, sorgte er für die Wiederbelebung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und konsolidierte die deutsch-französischen Beziehungen. Das Bild von der Gedenkfeier am Schlachtfeld von Verdun, wo beide Männer im September 1984 Hand in Hand vor den Gräbern stehen, ist eines der markantesten Symbole der deutsch-französischen Aussöhnung.
Außerdem beschlossen François Mitterrand und Helmut Kohl 1992 anlässlich des Gipfeltreffens von La Rochelle, ein deutsch-französisches Verteidigungskorps zu schaffen, das Eurocorps, zu dem später Belgien, Luxemburg und Spanien hinzukamen. Die Präsenz deutscher Soldaten dieser Einheit bei der Militärparade auf den Champs-Elysées am 14. Juli 1994 symbolisierte einerseits den Abschluss einer Phase der Aussöhnung, gleichzeitig jedoch auch die wachsende Bedeutung des wiedervereinigten Deutschland auf der internationalen Bühne und den ersten konkreten Schritt hin zu einer europäischen Verteidigung.
Nach dem Fall der Berliner Mauer im November 1989 schlugen Helmut Kohl und François Mitterrand am 19. April 1990 die Abhaltung einer Regierungskonferenz zur EU vor, um „die Gesamtheit der Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten in eine Europäische Union umzuwandeln“. Die deutsch-französische Partnerschaft steht im Gegensatz zur Thatcher’schen Sichtweise Europas, die sich auf eine umfangreiche Freihandelszone ohne übergeordnete Entität beschränken sollte. Deshalb setzten die beiden Männer einen stärkeren Akzent auf die Vertiefung als auf die Erweiterung.
Der Vertrag von Maastricht
Die Bemühungen von François Mitterrand und Helmut Kohl mündeten am 7. Februar 1992 in der Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht, der auf die Schaffung einer Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion abzielte und der Europäischen Gemeinschaft eine politische Bestimmung gab.
Doch obwohl die Beitrittsverhandlungen mit Österreich, Finnland und Schweden auf 1. Februar 1993 verschoben wurden, öffnete sich die Gemeinschaft rasch nach Osten durch die Unterzeichnung von Assoziierungsverträgen mit mehreren mittel- und osteuropäischen Ländern im Vorfeld zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen.
Neuausrichtung des sozialen Europa und Ende der Amtszeit
François Mitterrand rückte auch das soziale Europa wieder in den Mittelpunkt. 1989 wurde beim Europäischen Rat in Straßburg von den EG-Mitgliedstaaten mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs eine Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte zusätzlich zur Einheitlichen Europäischen Akte angenommen.
Die beiden letzten Jahre seiner Amtszeit als Präsident waren auf nationaler Ebene von der Niederlage der Sozialistischen Partei bei den Parlamentswahlen geprägt, die zu einer zweiten „Kohabitation“ führte, auf internationaler Ebene vom Konflikt in Jugoslawien, den zu lösen sich Europa als unfähig erwies.
Am 1. Januar 1995 bestätigte sich mit dem EU-Beitritt von drei neutralen Ländern (Österreich, Finnland und Schweden) das Ende des Kalten Krieges in Europa. Ein Jahr später, am 8. Januar 1996, starb François Mitterrand, sechs Monate nach dem Ende seiner Amtszeit als Staatspräsident.