Helmut Schmidt wurde am 23. Dezember 1918 in Hamburg geboren und starb am 10. November 2015. Nach einem Diplom der Politik- und Wirtschaftswissenschaften 1949 wurde er 1953 als Kandidat der SPD Abgeordneter im Bundestag. Er wurde bis 1987 mehrmals wiedergewählt – mit einer kurzen Unterbrechung von 1962 bis 1965, als er Innenminister des Stadtstaats Hamburg war – bevor er seine Karriere auf nationaler Ebene fortsetzte.
Zwischen 1967 und 1969 war er Präsident der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, wurde 1969 Verteidigungsminister und von 1972 bis 1974 Wirtschafts- und Finanzminister.
Er zählte zu den wichtigsten Akteuren der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt (SPD, 1969-1974), wurde 1974 Bundeskanzler und konnte seine Amtszeit zweimal verlängern, 1976 und 1980. Nach einem Misstrauensvotum im Bundestag wurde Helmut Schmidt 1982 als Bundeskanzler von Helmut Kohl (CDU) abgelöst.
Das politische Europa
Mit Helmut Schmidt und Valéry Giscard d’Estaing, der drei Tage nach der Wahl des deutschen Kanzlers französischer Staatspräsident wurde, traten Frankreich und Deutschland in eine neue Annäherungsphase ein. Die deutsch-französische Partnerschaft wurde erneut zur Triebfeder der europäischen Integration und brachte die Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) voran.
Ab 1974 wurden wichtige Schritte in Richtung einer gemeinschaftlichen Politik unternommen. Bei der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) im Juli 1975 in Helsinki spielten die neun Mitgliedstaaten der EWG eine dynamische Rolle und erzielten eine Einigung in der Frage der Menschenrechte. 1975 wurden die Abkommen von Lomé unterzeichnet, um die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung der Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP) zu fördern und zu beschleunigen.
1975 wurde der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) geschaffen. Sein Ziel war es, die Solidaritätsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten zu intensivieren und Europa in die Lage zu versetzen, ein konkreter Akteur einer regionalen Entwicklung zu werden. Davon profitierte insbesondere Griechenland, das seit 1975, nach dem Ende der Militärdiktatur, Beitrittskandidat war; sein Beitritt wurde am 1. Januar 1981 effektiv und erweiterte die Gemeinschaft somit auf zehn Mitgliedstaaten.
Hier wurde der Nutzen der Strukturfonds besonders deutlich, um den Aufholprozess benachteiligter Regionen der Gemeinschaft zu unterstützen, was sich erneut einige Jahre später bei Portugal und Spanien zeigte.
1979 wurden die Abgeordneten des Europäischen Parlaments erstmals in allgemeinen, direkten Wahlen gewählt, ein wichtiger Schritt zur Demokratisierung der Institutionen, für die sich Helmut Schmidt aktiv einsetzte.
Die gemeinsame Wirtschafts- und Währungspolitik
Im Währungsbereich wurden ebenfalls große Fortschritte erzielt. Unter dem Einfluss von Helmut Schmidt und Valéry Giscard d’Estaing akzeptierte der Europäische Rat von Kopenhagen im April 1978 das Prinzip des Europäischen Währungssystems (EWS) und beauftragte die gemeinschaftlichen Institutionen mit der Ausarbeitung eines konkreten Vorschlags. Es war nicht zuletzt der Vorarbeit französischer und deutscher Experten zu verdanken, dass dieses Projekt am 13. März 1979 aus der Taufe gehoben wurde: Der Ecu (European Currency Unit) war geboren.
Mit Ausnahme von Italien und Irland, deren Beitritt unter besonderen Bedingungen erfolgte, sowie des Vereinigten Königreichs, das 1990 beitrat, verpflichteten sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ihre Wechselkursschwankungen nunmehr auf +/-2,25 % einzuschränken. Dieser Schritt war der Beginn der europäischen Währungsstabilität.
1987 gründete Helmut Schmidt gemeinsam mit Valéry Giscard d’Estaing die Vereinigung für die europäische Währungsunion (AUME). Das von ihr 1988 veröffentlichte „Aktionsprogramm“ wurde in mehreren Punkten später vom Delors-Ausschuss übernommen, der mit der Untersuchung eines Projekts der Wirtschafts- und Währungsunion betraut wurde.
Aufbau Europas durch engagierten Journalismus
Im Oktober 1982 wurde Helmut Schmidt aus dem Kanzleramt verdrängt, blieb jedoch bis 1987 als Bundestagsabgeordneter in der deutschen Politik.
Als Mitherausgeber der Wochenzeitung Die Zeit seit 1983 beteiligte er sich mit zahlreichen Artikeln und Publikationen an den Grundsatzdebatten zur deutschen und europäischen Politik. Er sprach sich für die Einführung des Euro aus und kritisierte die strenge Anwendung der Kriterien von Maastricht, die von mehreren deutschen Wirtschaftsfachleuten gefordert wurde.
Als Wirtschaftswissenschaftler und früherer Finanzminister begrüßte Helmut Schmidt die Währungsunion mit derselben Begeisterung, die er zuvor der Gründung des EWS entgegengebracht hatte – in seinen Augen eines der Kernstücke des europäischen Aufbauwerks.